Die Auffassungen von Volksgruppenrechten in Europa differieren

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Polnischer „Minderheitenbeauftragter“ der Woiwodschaft Oppeln bezeichnet Bericht des Europarats zur Umsetzung der Sprachencharta als falsch

Der Bericht des Europarats zur Anwendung der „Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen“ wird nunmehr auch in der Republik Polen von staatlichen Stellen wahrgenommen. Ein interessantes Verständnis europäischen Rechts und freiwillig eingegangener Selbstverpflichtungen durch die Republik Polen offenbarte der „Minderheitenbeauftragte“ der Woiwodschaft Oppeln, Marek Mazurkiewicz, in einem Gespräch mit dem polnischen Radiosender „Radio Opole“.

SKGD Oppeln kritisiert Aussagen auf Internetseite

Wie die „Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien“ (SKGD) auf ihrer Internetseite am 9. Januar bekannt gab, äußerte Mazurkiewicz nicht nur offen Zweifel an der Neutralität und Richtigkeit der im Bericht des Europarats enthaltenen Untersuchungsergebnisse. Er soll zudem festgestellt haben, dass die Deutschen an der gegenwärtigen Situation selber die Schuld trügen. Manches an der Verbandspolitik der deutschen Volksgruppe könnte aus Sicht der AGMO e.V. vielleicht anders als bisher gestaltet werden.

Für die gesamte Lage am Ort zeichnen jedoch derjenige Staat und diejenige Gesellschaft verantwortlich, in die sich die deutsche Volksgruppe nach dem Ende des Krieges einfügen musste und die seit 1990 die Möglichkeiten haben, Folgeschäden an dem kulturellen (Selbst-)Bewusstsein der Deutschen aus Zeiten der Volksrepublik entgegenzuarbeiten – Möglichkeiten, die sie sich de jure zum selbsterteilten Auftrag machten. Zumal, da es in den Jahren 1945 bis 1990 nicht die angestammte deutsche Bevölkerung in den ehemaligen Oder-Neiße-Gebieten war, die sich selber den Gebrauch der Muttersprache verboten hatte.

Benachteiligung weist teilweise strukturelle Züge auf

Wie die AGMO e.V. anhand vieler einzelner Beispiele und mittels der 2007 erschienen AGMO-Studie nachweislich belegt hat, kann es der deutschen Volksgruppe nach Jahrzehnten der Unterdrückung nicht vorgeworfen werden, wenn sie sich immer noch nicht getraut, sich aktiv für die ihr bereits vor 20 Jahren im deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag zugesicherten Rechte einzusetzen. Selbst heutzutage sind Missbilligung und Abneigung - teils offen zur Schau getragen, teils verdeckt zum Ausdruck gebracht – immer noch vorhanden. Stattdessen sollte die Frage thematisiert werden, weshalb sich die Angehörigen der deutschen Volksgruppe in der Republik immer noch so zurückhaltend geben? Genau aus diesem Grund spricht sich wohl auch das Expertengremium des Europarats für eine aktive, die Deutschen ermutigende Rolle des polnischen Staates bei der Unterstützung deutscher Vor- und Grundschulbildung aus. Das Stichwort der „positiven Diskriminierung“ wird dort zwar nicht direkt ausgesprochen. Es soll und kann jedoch von Verantwortungsträgern mitgedacht und mitbedacht werden.

Bundesregierung und Bundestag zum Handeln aufgefordert

Um derartigen Behauptungen, wie nun vom "Minderheitenbeauftragten" vorgetragen, zukünftig den Boden zu entziehen, sollten sich nunmehr die entsprechenden Stellen der Bundesregierung und des Bundestages dazu ermutigt fühlen, auf den ihnen möglichen Wegen gegenüber dem polnischen Nachbarn zu verlangen, dass der deutschen Volksgruppe ermöglicht wird, den ihr gesetzlich zugesicherten gesellschaftlichen und politischen Freiraum aktiv und kreativ zu nutzen, der nötig ist, um die eigenen kulturellen Menschenrechte zu realisieren.

Anbei der Verweis zur Meldung auf der Internetseite der SKGD Oppeln:
http://www.tskn.vdg.pl/de/news/574-opolski-penomocnik