Neue Gesprächspartner?

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„Deutschland geht nicht ohne uns“ lautet das Motto des BdV zum Tag der Heimat 2014. Es regt an zu bedenken, welche Bedeutung die Heimatvertriebenen und -verbliebenen heute für die bundesrepublikanische Politik haben. Der Anspruch ihrer bedeutenden Stellung geht einher mit der Vorstellung einer überparteilichen Bedeutung ihrer Anliegen. Die Debatten der letzten Jahre machen jedoch deutlich: Vertriebene müssen ihr Spektrum an Partnern in Politik und Gesellschaft noch zielgerichteter ausbauen. Eigentlich mangelt es nicht an neuen und neu zu entdeckenden Gesprächspartnern.

Die EKD

Einer der ältesten Partner der Vertriebenen ist die Evangelische Kirche in Deutschland. Kirchenpräsident a. D. Klassohn leistet als Beauftragter des Rates der EKD für Fragen der Spätaussiedler und der Heimatvertriebenen eine wichtige Arbeit – auch der Beauftragte für deutsch-polnische Beziehungen, Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit, pflegt ein positives Verhältnis zu den Vertriebenen. Dabei gibt es durchaus Anliegen, die auf Bundesebene von Vertriebenen und Kirche stärker als bisher artikuliert werden könnten: etwa die unzähligen verwaisten deutschen Friedhöfe in Mittel- und Osteuropa.

Die AGMO e.V. - Gesellschaft zur Unterstützung der Deutschen in Schlesien, Ostbrandenburg, Pommern, Ost- und Westpreußen weiß, welche Bedeutung diese Erinnerungsorte gerade auch für die Heimatverbliebenen haben. Eine ganze Reihe lokaler Initiativen versucht, zumindest einige dieser Gedenkorte für die Nachwelt zu erhalten. Gleichzeitig sind es Friedhöfe der „Altpreußischen Union“ – in ihrer Tradition steht die Union evangelischer Kirchen, der größte Kirchenbund innerhalb der EKD. Kirche und Vertriebene haben guten Grund, die Bundesregierung zu ermuntern, diejenigen wertzuschätzen und zu unterstützen, die sich um die Pflege der Gräber von Deutschen sorgen.

Die Grünen

Als sich die Grünen in der bundesdeutschen Politik als eigenständiger Akteur herauskristallisierten, war der Zwist zwischen den Vertriebenen und dem politischen Spektrum, das mithin als „links“ tituliert wird, bereits manifest. Daß die sich vorgestellten ideologischen „Fronten“ jedoch brüchiger sind, als mancher glauben mag, zeigt etwa das Engagement des Mitglieds im Gründungsvorstand der Grünen, Rolf Stolz, für die AGMO e.V. (vgl. AGMO-Intern 4/2014).Deshalb sollte stetig abgewogen werden, wo Grüne und diejenigen Vertriebenen, die sich für die Heimatverbliebenen einsetzen, mit gemeinsamen strukturellen Problemen befaßt sind. Noch in diesem Jahr kritisierte der Berliner Grüne Bezirksverordnete Jonas Botta die sprach- und minderheitenrechtliche Lage der russischen Minderheiten in Estland, Lettland und Litauen (Jonas Botta: Staatenlos in Europa? – Über die Macht der Sprache. 8. März 2014; auf www.treffpunkteuropa.de). Auch wenn es sich hier, wie oft, nicht um die Belange von deutschen Volksgruppen handelt: Das heiße Eisen, das er anfaßt, ist dasselbe, das etwa die AGMO e.V. immer wieder aufgreift.

Die AfD

Dies tut auch ein seit 2013 bestehender tatsächlich neuer möglicher politischer Gesprächspartner: Die Alternative für Deutschland. AfD-Sprecherin Dr. Frauke Petry erklärte im Gespräch mit der Zeitung „DER WESTPREUSSE“, daß es bisher noch keine klare vertriebenenpolitische Linie innerhalb der Partei gäbe, jedoch in jedem Fall eine große Sensibilität für die Erwartungen bestehe, die immer wieder von Vertriebenen und in der Heimat verbliebenen Deutschen an sie persönlich und die Partei insgesamt herangetragen werden.

So wird auch auf diesem Politikfeld die programmatische Entwicklung der jungen Partei abzuwarten sein. Währenddessen können gezielt diejenigen angesprochen werden, bei denen erwartet werden kann, daß sie aus ihrer Überzeugung heraus unter einer „Alternative für Deutschland“ auch eine „Alternative für die deutschen Vertriebenen“ verstehen. Ob sie sich zu einer solchen wird entwickeln wollen, könnte sich etwa im „neuen“ Europaparlament zeigen. Ein in Brüssel zu thematisierendes Problem wären etwa Ungleichgewichte der deutsch-polnischen Minderheitenpolitik, die zumindest für Dr. Frauke Petry aus den offiziellen bilateralen Abkommen „glasklar“ hervorgehen.

Die gemeinnützige Gesellschaft wurde 1980 als Arbeitsgemeinschaft Menschenrechtsverletzungen in Ostdeutschland (AGMO) gegründet.
Die AGMO e.V. wurde im Jahre 1990 in das Vereinsregister eingetragen.