35 Jahre AGMO e.V. – Ein Rückblick in Worten und Bildern

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35 Jahre wirkte die AGMO e.V. zunächst als Arbeitsgemeinschaft in der Schlesischen Jugend Bundesgruppe e.V. und seit 1990 als eingetragener und gemeinnützig anerkannter, selbstständiger Verein für die heimatverbliebenen Deutschen östlich von Oder und Neiße in der (Volks-)Republik Polen- Das werden wir in welcher konkreten Form auch immer, weiterhin tun. Dazu benötigen wir Ihre Unterstützung: www.agmo.de/mithelfen/spenden

AGMO in den 1980er Jahren vor dem Deutschen Reichstag im geteilten Berlin

In dreieinhalb Jahrzehnten entstanden zahlreiche Fotos. Wir möchten Ihnen nun vor dem Ende des Jahres 2015 mit einer kleinen Auswahl an Bildern zum Weihnachtsfest noch einmal die maßgeblichen Augenblicke und Ereignisse seit 1980 veranschaulichen. Sollten Sie selber vielleicht noch über Bilder von Aktivitäten der AGMO e.V. verfügen, würden wir uns freuen, wenn Sie uns diese zuschickten.

1980er Jahre – Wie alles anfing

Die ersten Jahre der Arbeit der AGMO e.V. waren besonders davon geprägt, in Westdeutschland ein Bewusstsein für die Belange der schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzten in der Volksrepublik Polen heimatverbliebenen Deutschen zu schaffen.  Dafür wurden verschiedene Möglichkeiten genutzt. So wurden Informationsstände in den Innenstädten errichtet, Protestaktionen vor der polnischen Botschaft in Köln durchgeführt und Seminare, also die klassische Bildungsarbeit, abgehalten. Es gab natürlich auch Kontakte zu den seinerzeit im Untergrund wirkenden deutschen Vereinigungen, insbesondere in Schlesien. Diese Gruppen begleitete die AGMO e.V. bei ihren ersten organisatorischen Schritten.

DFK Hindenburg bei einer Feier im Jahr 1987. Im damals noch kommunistisch beherrschten polnischen Bereich strengstens verboten

Dabei sticht insbesondere die von der AGMO e.V. initiierte Delegationsreise von Deutschen aus Oberschlesien in die bundesdeutsche Botschaft nach Warschau hervor. Bei dem Zusammentreffen mit Außenminister Genscher übergaben sie eine Petition, um so auf ihre Unterdrückung und den Wunsch nach kultureller und sprachlicher Freiheit aufmerksam zu machen. Der Außenminister war nicht besonders erfreut, aber dennoch zeigte die Aktion Wirkung. Der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag kann als das Gründungsdokument der Anerkennung der deutschen Volksgruppe östlich von Oder und Neiße als nationale Minderheit angesehen werden.

Delegation der Deutschen aus Oberschlesien und der AGMO e.V. die Genscher in Warschau eine Forderungsliste überreichte

1990er Jahre - Aufbau und Konsolidierung der Projektförderung

Im zweiten Jahrzehnt ihres Bestehens, nachdem sich die Deutschen auch in der Republik Polen frei organisieren konnten, stand zunächst einmal Aufbauhilfe auf dem Programm. In zahlreichen Seminaren wurde Wissen über die Führung eines Vereins vermittelt. Wissen, das die Grundlage für einige der erfolgreichsten Gruppen des Deutschen Freundschaftskreises (DFK) legte.

DFK Treffen in Rutenau am 26.08.90 im örtlichen Feuerwehrsaal

AGMO-Gründer Peter Oprzondek und Schatzmeister Prof. Dr. Ebeling zu Besuch beim DFK Schlesien und dessen Vorsitzendem Blasius Hanczuch im Jahr 1990

2000er Jahre –Unterstützung durch Information und gezielte Projektförderung

Die 2000er Jahre wurden durch mehrere Informationsreihen geprägt. Die AGMO e.V. stellte fest, dass die anfängliche Euphorie in den Wendejahren 1989/90 nicht dazu geführt hatte, dass die dringend benötigten und seit jeher von uns geforderten deutschen Vor- und Grundschulen für die Kinder der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen geschaffen bzw. überhaupt angestrebt wurden. Zwei Herausforderungen stellten sich auf der politischen Ebene. Zum einen betonte die seit 1998 regierende Bundesregierung unter Gerhard Schröder andere Aspekte und setze Schwerpunkte in der Pflege der Beziehungen zu unseren europäischen Nachbarn, wie dies in den Jahren zuvor nicht der Fall gewesen war. Zum zweiten vollzog sich im Dachverband der Deutschen nach der Etablierung ein Wandel hin zur Errichtung einer „Ein-Mann-Führung“. Auch die Arbeit der AGMO e.V. wurde oftmals von den Bestrebungen der damals tonangebenden Gruppe im Verband der deutschen Gesellschaften (VdG) beeinträchtigt.

Pfarrer Wersch. Vertrieben aus der Heimat kehrte er nach seiner Pensionierung nach Oberschlesien zurück und wirkte dort für die deutsche Sprache

Allerdings konnten wir unsere Projektförderung in Kooperation mit den uns bekannten Partnern in den Ortsgruppen des DFK weiter fortsetzen.

Übergabe eines Projektors an die Grundschule in Nesselwitz, um den modernen Deutschunterricht zu unterstützen

Es war immer eine besondere Stärke der AGMO e.V., frühzeitig Entwicklungen zu erkennen und sich in der Arbeit entsprechend darauf einzustellen. Eine sich über Jahre hinziehende Kampagne und ab 2009 mehrere Petitionen an den Deutschen Bundestag rührten von dem Willen her, endlich Bewegung in die festgefahrene Entwicklung eines deutschen Schulwesens in Oberschlesien zu bringen. Eine erste Studie, welche in den Jahren 2006/2007 erstellt und veröffentlicht wurde  und mit der nachgewiesen wurde, dass es keine einzige deutsche Vor- und Grundschule in den Siedlungsgebieten der Deutschen in der Republik Polen gab und auch heute noch nicht gibt,  diente hierbei als unbestechliche Argumentationsgrundlage.

AGMO-Studie aus dem Jahr 2007

2010er Jahre – Über Europa dem Ziel ein ganzes Stück näher

Im Rahmen des Petitionsverfahrens, dessen erste Etappe kurz vor dem 20. Jahrestag der Ratifikation des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages endete, wurde der AGMO e.V. die Möglichkeit gegeben, bei EU-Institutionen zu sprechen. Wir trafen zunächst persönlich mit Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert zusammen. Ihm ist überhaupt zu verdanken, dass aus unserem zunächst nur als Rundschreiben gedachten Brief an das gesamte Bundeskabinett und andere führende politische Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland die Grundlage einer Eingabe an den Deutschen Bundestag wurde. Ebenso konnten wir mit dem Vorsitzenden der AG „Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten“ der CDU/CSU-Bundestagfraktion, Klaus Brähmig MdB, sprechen und hatten im Gedanken- und Meinungsaustausch mit unserem AGMO-Mitglied Hartmut Koschyk MdB, von 2009 - 2013 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, mehrfach die Gelegenheit, das Anliegen der Deutschen in der Republik Polen zu verdeutlichen.

AGMO e.V. im Gespräch mit Hartmut Koschyk MdB - Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedler und nationale Minderheiten

Kinderliederfestival in Flössingen - gefördert aus Spendenmitteln der AGMO e.V.

Ein wichtiger Unterstützer der AGMO-Petition zur Einrichtung deutscher Vor- und Grundschulen für die deutsche Volksgruppe in der Rep. Polen, der Präsident des Deutschen Bundestages Prof. Dr. Norbert Lammert

Deutlich gemacht werden musste auch 2010 die drohende Schließung der zweisprachigen Grundschule für die deutsche Minderheit in Ratibor-Studen, die jedoch dank einer intensiven Informationskampagne durch die AGMO e.V. abgewendet werden konnte. Aus diesem monatelang währenden Kampf zwischen Elternschaft und polnischer Stadtverwaltung sowie Schulbehörden im Bezirk Schlesien entstand schließlich die zweite AGMO-Studie, die 2012 veröffentlicht wurde.

Ein engagierter Mitstreiter für die Deutschen in der Rep. Polen - Klaus Brähmig MdB, Vors. der Parlamentarischen Gruppe der CDUCSU-Bundestagsfraktion für Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten.

Deutsche in Oberschlesien kämpfen mit Unterstützung der AGMO e.V. für Ihre Rechte. Hier in Ratibor-Studen für den Erhalt der zweisprachigen Grundschule Nr. 5 für die deutsche Minderheit

In einer weiteren von der AGMO e.V. initiierten Aktion konnte kurzfristig das finanzielle Fortbestehen der deutschen Radioredaktion „Mittendrin“ in Ratibor gesichert werden. Der fehlende Teil des Budgets für das Jahr 2012 wurde nach unserer E-Mail-Rundschreibenkampagne – wir  wandten uns unter anderem unmittelbar an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und die damalige Staatsministerin im Auswärtigen Amt und Polenbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Pieper – binnen weniger Tage durch das zuständige Institut für Auslandsbeziehungen (IFA) in Stuttgart bereitgestellt, nachdem zuvor monatelange Gespräche zu keiner Lösung führten.

Die Bundeskanzlerin hatte sich über einen Mitarbeiter des Kanzleramtes direkt in den Vorgang eingeschaltet. Cornelia Pieper bestätigte der AGMO e.V., dass sie in der Angelegenheit mit dem Kanzleramt in Verbindung stünde.

Schließlich führten gute Kontakte zu dem Büro einer ungarischen EU-Abgeordneten dazu, dass sich uns die einmalige Gelegenheit bot, im Februar 2013 im Rahmen der Sitzung einer Gruppe von EU-Parlamentariern, die sich mit nationalen und sprachlichen Minderheiten befasst, der Problematik der fehlenden deutschsprachigen Bildungseinrichtungen in der Republik Polen auf europäischer Ebene Gehör zu verschaffen. Zentrale Teile unseres Vortrages fanden Eingang in einen parlamentarischen Antrag des EU-Abgeordneten der französischen Grünen, Francois Alfonsi.

Friedensdenkmal in Tworkau - Errichtet aus Spendenmitteln der AGMO e.V.

Eine weitere Gelegenheit der deutschen Volksgruppe durch eine Initiative der AGMO e.V. Gehör zu verschaffen, bot sich nach den Wahlen zum Deutschen Bundestag 2013 und später mit den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2014. Das Wahlrecht für Auslandsdeutsche war zuvor ausgeweitet worden, das aber in der Praxis aufgrund einer sehr willkürlichen Handhabung durch bundesdeutsche Wahlbehörden kaum Widerhall fand. Unter den gegebenen Umständen beteiligten sich nur sehr wenige Deutsche aus der Republik Polen an dem Urnengang 2013. Die AGMO e.V. hatte auch hier als Vorreiterin erfolgreich mit einer Petition an den Deutschen Bundestag eine Änderung der Wahlrechtspraxis eingefordert.

Zwei Gallionsfiguren der deutschen Volksgruppe östlich von Oder und Neiße. Der große und unvergessene Leonhard Wochnik aus Lubowitz und der Gründer und Ehrenvorsitzende der AGMO e.V., Peter Oprzondek.

Es brauchte dann schließlich mehrere Ablehnungen und Einsprüche, davon zwei Einsprüche durch den Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Lammert, bis die AGMO-Petition aus dem Jahr 2009 im Jahr 2014 einen erfolgreichen Abschluß fand. Die Unterlagen des Petitionsverfahrens fanden 2011 Eingang in die Verhandlungsunterlagen der deutschen Delegation bei den deutsch-polnischen Rundtischgesprächen. Im Oktober 2014 bestätigte schließlich der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedler und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, gegenüber der AGMO e.V. in einem Schreiben, dass die Schaffung deutscher Vor- und Grundschulen ein Kernanliegen der Bundesregierung in den Verhandlungen mit der polnischen Regierung sei

Dankbare Menschen sind wie fruchtbare Felder. Sie geben das Empfangene zehnfach zurück. Hier die zweisprachige Vorschulgruppe in Tworkau

Die AGMO-Arbeit hat sich gelohnt und wird sich durch die von uns mit geschaffenen Bedingungen und Voraussetzungen für eine weitere gedeihliche Entwicklung der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen weiterhin auszahlen. Wir danken an dieser Stelle allen, die uns in den vergangenen 35 Jahren förderten und treu zur Seite standen. Ohne Sie, unsere Mitglieder und Unterstützer, hätten wir es nicht bis hierhin geschafft.

Die gemeinnützige Gesellschaft wurde 1980 als Arbeitsgemeinschaft Menschenrechtsverletzungen in Ostdeutschland (AGMO) gegründet.
Die AGMO e.V. wurde im Jahre 1990 in das Vereinsregister eingetragen.