Wortlaut der Begründung des Petitonsausschusses für die Ablehnung der Petition

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Im Folgenden teilt die AGMO e.V. den vollständigen Wortlaut der Begründung zur Beschlußempfehlung durch den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages mit, wie von der Vorsitzenden des Ausschusses, Kersten Steinke MdB (Die Linke) mit Datum vom 02.02.2011 an die AGMO e.V. übermittelt:

Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (BT-Drucksache 17/4454):


Anl. 1 z. Prot. 17/27

53111 Bonn

Auswärtige Angelegenheiten

Pet 3-16-05-008-045561

Beschlussempfehlung

 

Das Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung


Mit der Petition soll erreicht werden, dass die Bundesregierung bei den nächsten deutsch-polnischen Regierungsgesprächen die Thematik der fehlenden deutschen Kindergärten und Grundschulen für Deutschstämmige in der Republik Polen anspricht.

In der Petition wird im Einzelnen ausgeführt, dass das gänzliche Fehlen von deutschen Kindergärten mit Vorschulklassen und von Grundschulen ein dringendes Problem darstelle, das nur gelöst werden könne durch eine schnellstmögliche flächendeckende Schaffung dieser Bildungseinrichtungen in den Wohngebieten der Deutschen, wie der Petent schreibt. Seit nahezu zwei Jahrzehnten gäbe es hier keine wesentlichen Fortschritte; daher sei Hilfe von außen notwendig. Das Thema solle deshalb in die deutsch-polnischen Konsultationen einfließen, an denen Regierungsmitglieder und gegebenenfalls auch die Kanzlerin teilnehmen.

Die Petenten, eine Vereinigung zur Unterstützung von Deutschen im heutigen Polen, erwarten von der Bundesregierung, dass diese ihren „Obhutspflichten“ – so heißt es in der Petition – gegenüber den im heutigen Polen lebenden Deutschen nachkomme und sich intensiv für die Einhaltung von deren Volksgruppen- und Minderheitenrechten einsetze.

Unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des Auswärtigen Amtes sieht das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung folgendermaßen aus:

Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass zwischen der Förderung von Deutschunterricht für die Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen und der von den Petenten gewünschten Einrichtung deutschsprachiger Schulen dort zu unterscheiden ist.

Deutsch als Minderheitensprache wird in drei Wojewodschaften (Oppeln, Schlesien, (Kattowitz) und Ermland-Masuren) vom polnischen Bildungsministerium gefördert. Die Förderung ist Teil der Bildungsstrategie für die deutsche Minderheit, die von den polnischen Ministerien für Bildung und für Innere in Abstimmung mit den Vertretern der deutschen Minderheit im März 2007 verabschiedet wurde. Die Schulträger erhalten danach im Jahr Zuschüsse von etwa 62 Millionen Zloty (PLN), um den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache zu ermöglichen. Außerdem wird die Entwicklung von Schulbüchern und Lehrprogrammen unterstützt.

In Polen lernen nach dem Stand von 2007 rund 35.000 Schüler an circa 240 Grundschulen und Gymnasien (siebte bis neunte Klasse) Deutsch als Sprache der Minderheit. Seit 1992 hat sich in Polen die Zahl der Grundschulen, die Zugang zu zusätzlichem Deutschunterricht für die Minderheit anbieten, verzwanzigfacht. In fast gleichem Maße ist auch die Zahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler angewachsen. Größere Städte wie Breslau, Oppeln, Kattowitz und Allenstein bieten Bildungsmöglichkeiten in deutscher Sprache bis zu universitären Ausbildung. Es gibt ein dichtes Netz deutscher Sprachdiplomschulen (z.T. sogar bilingualer Lyzeen), an denen intensiver Deutschunterricht fortgesetzt werden kann. Dies sind jedoch keine Einrichtungen, die ausdrücklich und allein für die deutsche Minderheit existieren.

Das Generalkonsulat Breslau wie auch das Goethe-Institut Krakau fördern mit Mitteln des Auswärtigen Amtes Bildungsprojekte der deutschen Minderheit wie Lehrerfortbildung, Aus- und Weiterbildung von Kindergärtnerinnen sowie spezielle Programme für Fachlehrer an bilingualen Gymnasien. Gleichzeitig erhalten die Lyzeen Unterstützung aus dem Lehrerentsendeprogramm der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (finanziert vom Auswärtigen Amt) und der Partnerschul-Initiative des Auswärtigen Amtes. Im Rahmen eines Kindergartenprojektes werden sechs Kindergärten mit bilingualen Gruppen betreut. Das Auswärtige Amt fördert außerdem über die Zusammenarbeit mit dem Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen Deutschunterricht für die deutsche Minderheit in Polen (z.B. in Sonntagsschulen).

Unterricht in Deutsch als Sprache einer Minderheit in Polen wird somit vom polnischen Staat wie auch auf vielfältige, der Nachfrage entsprechende Weise mit Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert.

Die Einrichtung deutscher Kindergärten und Schulen ausschließlich für die deutsche Minderheit zu befürworten, kann nach Auffassung des Petitionsausschusses kein Anliegen von Seiten der Bundesrepublik Deutschland sein. Ein solches Ansinnen wäre ausschließlich von der deutschen Minderheit in Polen selbst zu artikulieren. Dergleichen ist nicht bekannt und ebenso wenig Bitten um Hilfestellung oder Unterstützung von deutscher Seite – Regierung oder Parlament – bei der Vorbereitung oder Durchführung eines derartigen Anliegens von Seiten der Vertreter der deutschen Minderheit. Daher gibt es auch keine Veranlassung, ein derartiges Thema in die deutsch-polnischen Regierungskonsultationen aufzunehmen.

Der Petitionsausschuss sieht keine Veranlassung, die Petition zu befürworten und empfiehlt daher das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Die gemeinnützige Gesellschaft wurde 1980 als Arbeitsgemeinschaft Menschenrechtsverletzungen in Ostdeutschland (AGMO) gegründet.
Die AGMO e.V. wurde im Jahre 1990 in das Vereinsregister eingetragen.