„Wer im Sommer arbeitet, leidet im Winter keinen Hunger“

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- „Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen“ (VdG) für authentisches Schulwesen in deutscher Sprache -

Dieses Sprichwort erscheint jedermann einleuchtend und folgerichtig. Doch ist es oft so, dass im tatsächlichen und übertragenen „Sommer“ gearbeitet wird und dem „Winter“ oftmals mit Sorgen entgegengeblickt werden muss. Jahrelange Bemühungen und Vorbereitungen können Früchte tragen, aber auch  binnen kürzester Zeit zunichte gemacht werden.

Macht diese Schwalbe nun endlich den Sommer?

Es klingt wie eitel Sonnenschein. Doch ist jede in diese Richtung gehende Aussage wert aufgegriffen und verbreitet zu werden. Wie der Präsident des VdG, Bernard Gaida, in einem auf Empfehlung der AGMO e.V. zustande gekommen Schreiben an Bundestagspräsident Prof. Dr. Lammert vom 12.03.2011 belegte, dass Vertreter der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen bereits bei der Auftaktveranstaltung der deutsch-polnischen Rundtischgespräche im Februar 2010 von der Bundesregierung Unterstützung bei der Einrichtung „deutscher Kindergärten und Schulen“ forderten, so stellt die von der Delegiertenversammlung des VdG am 31.05.2013 durch eigenhändige Unterschrift der Delegierten verabschiedete Erklärung ein weiteres deutliches Zeichen dar. Es heißt dort: „Wir appellieren um weite Verbreitung des zweisprachigen Unterrichts, als tatsächliche Etappe auf dem Weg zum authentischen Schulwesen in deutscher Sprache, welches im polnischen Schulwesen, aber auch in der ratifizierten Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen vorgesehen ist.“

Sommer in Oberschlesien

Daran muss sich nun das höchste Gremium der Deutschen in der Republik Polen messen lassen. Zweisprachiger Unterricht kann immer nur eine Zwischenstufe darstellen. „Echte / authentische“ deutsche Vor- und Grundschulen müssen daher als Ziel angestrebt werden. Die Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit der AGMO e.V. - auch gegen starke Widerstände -, jahrelange Rundschreibenaktionen, Petitionen, Vorträge und politische Gespräche haben seit 1980 dazu beigetragen, genau dieses Thema „am Kochen zu halten“ und nichts anbrennen zu lassen.

Die Argumentation des VdG ist für die AGMO e.V. nachvollziehbar und jeder Unterstützung wert. Die AGMO e.V. begrüßt diese wichtige inhaltliche Fortentwicklung in der Politik des „Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen“ (VdG). Jahrelange Bemühungen können Ergebnisse zeitigen. Die Hand der Zusammenarbeit und Unterstützung bleibt ausgestreckt.

Jahrelanger Kampf – der Streit geht weiter

Jahrelange Bemühungen können jedoch auch viel Kraft kosten. Nach langen Jahren des Kampfes um die einzige „bilinguale Grundschule für die deutsche Minderheit“ in der Woiwodschaft Schlesien schien in Ratibor-Studen Ruhe eingekehrt zu sein. Doch ereilte nun mehrere Schulen in Oberschlesien, darunter auch das aus Mitteln der Bundesrepublik Deutschland eingerichtete bilinguale Schulzentrum in Rosenberg eine neuerliche Irritation. Die bestand in einer kleinen, für die äußere Erscheinung aber relevanten Änderung der Rechtslage in der Republik Polen.

Mit einer bezeichnenden Argumentation hat man es durch eine Novellierung des Minderheiten- und Bildungsgesetzes nun so eingerichtet, dass Grundschulen einer nationalen Minderheit nicht als bilingual bezeichnet werden können. In vollem Umfang ist der AGMO e.V. selbst nach mehrfacher Erkundigung vor Ort und Sichtung von polnischen Dokumenten nicht gänzlich klar, wie genau es zu dieser „Umgestaltung“ der Namensgebung gekommen ist. Eine Folge, die offenbar nirgends thematisiert wurde und wird, besteht nun offenbar darin, dass eine Grundschule nicht mehr die Bestandteile „zweisprachig“ und „deutsche Minderheit“ in ihrem Namen tragen darf.

Groß angekündigt, klein gehalten, allein gelassen

Ähnlich gelagert scheint es auch in Cosel-Rogau zuzugehen. Am Beginn des nunmehr zu Ende gehenden Schuljahres 2012/2013 nahm die Grundschule Nr. 13 in Cosel-Rogau den Lehrbetrieb als „Grundschule für die Sprache der Minderheit“ auf. Wochenlang wurde über die Errichtung der ersten Grundschule in der Trägerschaft „der deutschen Minderheit“ berichtet, bis die ersten Zeichen auf Sturm zu stehen begannen. Abermals taten sich Gräben auf und abermals wurden verwaltungsrechtliche Bagatellen dazu missbraucht, ein großartiges Projekt von Angehörigen der deutschen Volksgruppe klein zu machen. Da halfen der versammelten Elternschaft und den Initiatoren des Trägervereins der Zuspruch und die Aufmerksamkeit am Beginn des Schuljahres ebenso wenig, wie die Zugehörigkeit führender Persönlichkeiten aus Oberschlesien zum Trägerverein der Schule nicht viel.

Unklare Verhältnisse - zwei Namensschilder
an der Grundschule Nr. 13 in Cosel-Rogau

Es überrascht, dass politische und gesellschaftliche Verantwortungsträger der Deutschen in Oberschlesien bislang so sparsam mit ihren Einlassungen zur Angelegenheit haushalten. Auch nach der Suspendierung der Direktorin der Grundschule in Cosel-Rogau war kaum eine „Regung“ auszumachen. Im sommerlichen Blitzlicht der Eröffnung zeigte man sich noch gerne.

Es kann der Frömmste selbst im Sommer nicht in Frieden leben…

Seit drei Jahren arbeitet die AGMO e.V. nun mit dem in jeder Hinsicht bemerkenswerten Radioprojekt „Mittendrin“ aus Ratibor zusammen. In dieser Zeit stand die Existenz dieses von jungen Oberschlesierinnen geführten Projekts oftmals auf der Kippe. Die Redaktion von „Mittendrin“ leistet eine weithin anerkannte, angesichts der, nach wie vor unzureichenden finanziellen Ausstattung qualitativ außerordentlich hochwertige journalistische Arbeit. Diese braucht keinen Vergleich mit anderen Medienproduktionsgesellschaften der Deutschen in Oberschlesien scheuen. 

Zuletzt war es im Herbst 2012 dem beherzten Eingreifen der AGMO e.V. und Ihrer Hilfe, verehrte Unterstützer, zu verdanken, dass der Betrieb von Mittendrin zumindest mittelfristig sichergestellt werden konnte, nachdem von unterschiedlicher Seite Begehrlichkeiten und Konkurrenzängste entstanden waren. http://www.agmo.de/aktuelles/mitteilungen/165-radio-mittendrin-auf-gutem-weg-aber-noch-immer-nicht-gerettet-

Immer wieder wurde gegenüber Vertretern der AGMO e.V. seitens des Radio „Mittendrin“ betont, wie wichtig und maßgeblich unser Einsatz für den Erhalt des Senders gewesen sei. Dennoch waren ebenso Stimmen zu vernehmen, die von unnötigem Aufwand sprachen und die AGMO e.V. Einmischung in „innere Angelegenheiten der deutschen Minderheit“ bezichtigten. Durch unsere projektbezogene Hilfe, die wir seit über 30 Jahren in Zusammenarbeit mit den Deutschen den Ortsgruppen des Deutschen Freundschaftskreises (DFK) leisten, ist es gleichsam unser satzungsgemäßer Vereinszweck, auf diese konkrete Weise Anteil an den "inneren Angelegenheiten" der deutschen Volksgruppe zu nehmen. Das ist keine Bevormundung. Die AGMO e.V. will nichts anderes erreichen, als durch die eigene Arbeit zur Konsolidierung und Stabilisierung der Strukturen der Deutschen in der Republik Polen beizutragen.

AGMO e.V. und Radio Mittendrin an einem Tisch

Wichtig wäre es, jetzt ein ruhiges und sicheres Arbeitsumfeld für „Mittendrin“ zu gewährleisten. In den „Ergänzungen des Jahresberichts des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen“ (VdG), welche im Rahmen der Delegiertenversammlung des VdG vorgetragen wurden, scheint jedoch einmal mehr „Interesse“ artikuliert zu werden. Unter dem Vorwand der Effizienzsteigerung wird ganz offen von einer Übernahme des Radio Mittendrin durch die in Oppeln ansässige und vom VdG gestützte Medienproduktionsgesellschaft "Pro Futura" gesprochen:

„Ein gutes Beispiel ist die Zusammenführung der Silesiapress und Pro-Futura. Jedoch haben wir es noch immer nicht geschafft, eine enge Zusammenarbeit oder auch weitere Konsolidierung mindestens der Pro-Futura mit dem Radioprojekt des DFK Schlesien, ‚Mittendrin’, zu schaffen. Ich habe persönlich schon ein paar Mal die Parteien zum Treffen eingeladen und obwohl formal alles in Ordnung ist, haben wir praktisch bis jetzt nicht viel erreicht. Man kann sich jedoch vorstellen, dass wir über eine Produktionsgesellschaft verfügen mit ein paar Redaktionen Polenweit.“

Die junge und selbstständige Mannschaft von „Mittendrin“ in ihrer Selbstständigkeit zu unterstützen sowie bei der Bewältigung täglicher Probleme unbürokratisch zu helfen, wäre ein Vertrauen bildender Schritt hin zu einer „engen Zusammenarbeit“.

Ein Sommer voller Arbeit – gegen den winterlichen Hunger

Vielleicht werden die Leser sich bei all den Widersprüchen fragen, wohin die Reise diesen Sommer bei der deutschen Volksgruppe in der Republik Polen gehen wird?

Sicher ist nur, dass die AGMO e.V. allen die gewillt sind für ein „authentisches“ deutsches Schulwesen für die deutsche Volksgruppe in der Republik Polen zu arbeiten keine Unterstützung verweigern wird. Der Sommer des Jahres 2013, noch vor dem meteorologischen Anfang am 21.06., verspricht spannend, entscheidend und arbeitsreich zu werden. Die AGMO e.V. wird die Entwicklungen aufmerksam begleiten. Im Sinne des katholischen Arbeiterpriester Adolph Kolping ist eben immer noch „keine Zeit zuzuschauen, gewähren zu lassen, bloß zu jammern, zu klagen, sondern es ist Zeit zu handeln, Zeit zu wirken, und zwar für jeden ohne Unterschied, wie es ihm nach Maßgabe seiner Kräfte und Mittel nur möglich ist.“

Die Arbeit der AGMO e.V. lebt ausschließlich von Ihren Spenden. Daher bitten wir Sie um großzügige Unterstützung unserer Projekte unter dem Kennwort „SOMMER“:

http://www.agmo.de/mithelfen/spenden

Die gemeinnützige Gesellschaft wurde 1980 als Arbeitsgemeinschaft Menschenrechtsverletzungen in Ostdeutschland (AGMO) gegründet.
Die AGMO e.V. wurde im Jahre 1990 in das Vereinsregister eingetragen.