„Das Leben aber ging weiter“ – Nachkriegskindheit in Oberschlesien
19. Dezember 2015
Zuletzt haben wir häufiger darüber berichtet, dass die schriftlichen Ergebnisse der Arbeit der AGMO e.V. wichtige Grundlage für Ausarbeitungen externer Wissenschaftler darstellten. Nun hat ein Mitglied unserer gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation, Jahrgang 1944, seines Zeichens altkatholischer Theologe, ein außerordentlich gut reflektierendes Werk über die Jahre seiner Kindheit im polnischen besetzten Oberschlesien nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geschrieben.

Vorderseite des Buches von Dekan em. Urbisch
Es beginnt mit einer Einführung in die Geschichte der Region im Süden Oberschlesiens und des Dorfes Streitkirch (Borutin) aus dem der Autor stammt. Johannes J. Urbisch verwendet viel Liebe zum Detail darauf, die Lebenswirklichkeit jener Jahre, die für alle Menschen schwer, für ein deutsches Kind ohne Polnischkenntnisse jedoch doppelt schwer waren, dem Leser lebhaft zu schildern. Auch wenn die Perspektive des Autors eine der Rückschau und Rückbesinnung ist, vergißt er nicht, auf die Folgen der Vertreibung und der späteren, keineswegs freiwilligen Aussiedlung gerade der jungen, deutschen Bevölkerung seines Heimatdorfes einzugehen:
„Heute zählt Borutin weniger als 1000 Einwohner. Verglichen mit den 1970er Jahren hat sich die Einwohnerzahl damit fast halbiert [...] Das Tragische an dieser Auswanderungswelle ist, dass es meistens junge Familien und Alleinstehende sind, die den Weg in den Westen wählen. Das hat wiederum zur Folge, dass die Bevölkerung zum einen sehr stark überaltert und zum anderen der Anteil der deutschstämmigen Bevölkerung dadurch kontinuierlich geschmälert wird. Die noch vorhandenen ‚deutschen Spuren‘ in der Gesellschaft des Dorfes werden dadurch immer geringer.“
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