Ambitioniert – Die Deutschen in der Republik Polen und die polnischen Parlamentswahlen 2015
15. September 2015
Die Deutschen östlich von Oder und Neiße haben sich viel vorgenommen. Sie wollen mehrere Sitze im polnischen Parlament, dem Sejm in Warschau, bei den Parlamentswahlen Ende Oktober 2015 gewinnen. Die Vorbereitungen dazu laufen vor allem im Bezirk Oppeln bereits seit einigen Wochen.
1990er Jahre als Vorbild
Von den Zahlen her hat man sich als Vorbild die neunziger Jahre auserkoren. Seinerzeit verfügten die Deutschen über bis zu sieben Sitze im Warschauer Parlament und zusätzlich zwei Sitze in der ersten Kammer, dem Polnischen Senat. Derzeit liegt die parlamentarische Präsenz lediglich bei einem Abgeordnetenmandat. Mit geballter Kraft und starkem Willen soll sich das nun ändern. Im Bezirk Oppeln möchte man mindestens zwei Abgeordnete ins Parlament entsenden und einen Sitz im Senat erobern. Im Bezirk Schlesien sind die Pläne noch ehrgeiziger. Hier wurde kurzerhand das Wahlkomitee „Vereinigt für Schlesien“ aus der Taufe gehoben.
DFK Schlesien und die sog. „Autonomiebewegung“ - Gemeinsam mit dem politischen Hauptgegner
Der Leser wird sich vielleicht wundern, wo bei diesem Komitee der Bezug zur deutschen Volksgruppe erkennbar sein könnte. Diesen Bezug gibt es im Namen der Wahlvereinigung im Bezirk Schlesien nicht. Denn in dem dortigen Komitee sind neben dem Deutschen Freundschaftskreis (DFK) Schlesien auch die deutsche Gruppe „Versöhnung und Zukunft“ aus Kattowitz und erstaunlicherweise die separatistische, sogenannte „Autonomiebewegung für Schlesien“ (RAS) zusammengefasst. Wird „Versöhnung und Zukunft“ von dem Deutschen Dietmar Brehmer geleitet, so überrascht die Einbindung der RAS in das Wahlkomitee außerordentlich. Denn die Autonomisten in Schlesien zeichneten sich in der Vergangenheit oftmals durch eine teils aggressive, entschiedene Gegnerschaft zu den Strukturen der Deutschen in Oberschlesien aus. Es ist bisher nicht bekannt, ob ein Sinneswandel seitens der sog. „Autonomiebewegung“ tatsächlich stattgefunden hat.
Kandidaten des Wahlkomitees „Vereinigt für Schlesien“ im Bezirk Schlesien
(v.l.n.r. Anna Ronin (dt. Volksgruppe), Andrzej Slawik (RAS), Zbigniew Kadlubek (Versöhnung & Zukunft)
Die deutschen Initiatoren des Wahlkomitees im Bezirk Schlesien rechtfertigen dieses Vorgehen damit, dass man alleine zu schwach sei, um mindestens drei oder wie Dietmar Brehmer aus Kattowitz meint, vielleicht sogar sechs Sitze bei den Sejm-Wahlen gewinnen zu können. Ob es im Bezirk Schlesien zielführend ist, mit einem der direkten politischen Gegner zur Wahl ein Zweckbündnis einzugehen und selber anonym zu bleiben: Der Begriff „deutsch“ wird ganz bewusst vermieden, erscheint fraglich. Sollte es zu einem Wahlerfolg kommen, könnte dieser (zu) teuer erkauft worden sein.
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